Im Bereich der Erwachsenenbildung hat es zuletzt viel Verunsicherung gegeben. Einerseits wegen der Beschäftigung bislang selbständiger Dozentinnen und Dozenten, andererseits wegen der Umsatzsteuerpflicht. Diese beiden Problemfelder hätten – jedes für sich – verheerende Auswirkungen auf die Landschaft der Erwachsenenbildung in Bayern. Dass Bildungsangebote bezahlbar bleiben und Einrichtungen wie Lehrkräfte nicht überfordert werden, ist daher Ziel eines interfraktionellen Antrags, dem heute der Landtags-Ausschuss für Bildung und Kultus einstimmig zugestimmt hat. Der Antrag soll bei nächster Gelegenheit im Plenum beschlossen werden.
Landtagsabgeordneter Björn Jungbauer (CSU) „Das ist ganz im Sinne der beiden Volkshochschulen Würzburg und Ochsenfurt. Folgt man den zuletzt vom Bundessozialgericht verschärften Kriterien, müssten die Einrichtungen der Erwachsenenbildung künftig nahezu alle Dozentinnen und Dozenten sozialversicherungspflichtig anstellen“ so Jungbauer, der als Mitglied im Bildungsausschuss bei der Erarbeitung des Antrags aktiv mitwirkte. Die Sorge des Landtagsabgeordneten teilt Stefan Moos, der Leiter der VHS Würzburg & Umgebung. „Im Deutschsprachbereich beispielsweise wären bei der VHS Würzburg rund 20 Dozenten akut betroffen. Wenn man den ganzen Umsatzsteuerbereich betrachte, dann gefährdet das Urteil den kompletten Bereich unserer VHS“ so Moos. Ein gewichtiges Argument ist in den Augen von Landtagsabgeordneter Dr. Andrea Behr (CSU) der Blick auf die Dozentinnen und Dozenten. „Es ist nicht im Sinne der häufig nebenamtlichen Lehrkräfte, für welche flexiblere Modelle oftmals die bessere Wahl sind als Festanstellungen.“
Der interfraktionelle Antrag fordert daher vom Bund, pragmatische Lösungen zu schaffen und die Gesetze praxistauglich anpassen. „Wir wollen, dass die Lehrtätigkeiten weiterhin sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbstständig ausgeübt werden können“ so die beiden Stimmkreisabgeordneten Dr. Behr und Jungbauer weiter.
Diesen Ball will Dr. Hülya Düber (CSU) die Bundestagsabgeordnete für Stadt und Landkreis Würzburg aufnehmen. „Es wäre schade, wenn die Umsetzung der Europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie jetzt zulasten der Erwachsenenbildung geht. Der Ansatz, Erwachsenenbildung umsatzsteuerpflichtig und damit um 19 Prozent teurer zu machen, darf nicht erfolgreich sein.“ In Dübers Augen sind Volkshochschulkurse keine x-beliebige Dienstleistung, sondern dienen der Selbstbestimmung des Menschen und seinem Recht auf lebenslange Bildung. „Derzeit erarbeitet das Bundesfinanzministerium eine Erläuterung der Vorschriften, die den Interessen der Erwachsenenbildung entgegenkommt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass sich beim Thema Umsatzsteuer etwas bewegt“.
„Der interfraktionelle Antrag im Bayerischen Landtag wird daher von uns ausdrücklich begrüßt, da jeder Versuch der Klärung dieser für uns entscheidenden Frage hilft“ so der Leiter der VHS Würzburg & Umgebung e.V. Moos fordert in Richtung der Politik: „Es muss eine entsprechende klare Regelung herbeigeführt. Unter den aktuellen Umständen wäre die VHS nicht mehr fortführbar. Dies würde den ganzen Bereich der Erwachsenenbildung in der bekannten Form kippen“.
„Wir propagieren lebenslanges Lernen. Es wäre daher absurd, wenn der Staat die Erwachsenenbildung künstlich verteuert. Sprachkurse, Fortbildungen und Co. müssen für alle bezahlbar bleiben. Dabei kommt es auf jeden Euro an.“ so die drei Abgeordneten gemeinsam.
Information: Die Steuerbefreiung für Einrichtungen der Erwachsenenbildung wurde zum 1. Januar 2025 aufgehoben, soweit es sich nicht um berufliche Bildung handelt. Anlass war die Umsetzung der europäischen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Der Bundesfinanzhof hatte festgestellt, dass die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen bisher unzureichend umgesetzt war. Nahezu zeitgleich hat das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung zur Selbständigkeit von Lehrkräften verschärft. Demnach könnte sich bei Dozentinnen und Dozenten immer öfter eine abhängige Beschäftigung ergeben, selbst bei geringem Stundenumfang.